Wehrertüchtigungslager

„Als Schüler musste ich an einem Wehrertüchtigungslager teilnehmen“,

erzählte Bernhard und berichtete weiter:

„Um es gleich vorweg zu sagen, mit einem Lager oder einer Fahrt, wie ich sie bisher bei den Göttinger Pfadfindern erlebte, hatte das nun absolut nichts zu tun. Gefragt wurde ich nicht, sondern gleich verpflichtend hierzu eingezogen. Ich hatte teilzunehmen.
Ich war damals Schüler der Göttinger Mittelschule. Lange 3 Wochen dauerte die Ausbildung. Sehr zu meinem Verdruss musste ich obendrein einen großen Teil meiner Schulferien dafür opfern.
Der Standort meines Lagers war in ‚Hämeler Heide‘. Dort waren wir dann in Baracken untergebracht.
An Einzelheiten der Ausbildung kann ich mich nicht mehr erinnern. Allerdings gab es häufig sogenannte Unterrichte. Mit den Themen und Inhalten konnte ich mich nun überhaupt nicht anfreunden. Genau so schlimm habe ich die praktische Ausbildung im Schießen und Geländedienst empfunden.
Ich hatte mir trotz meiner ablehnenden Haltung vorgenommen, so gut ich konnte mitzutun, um nicht auch noch aufzufallen. Meine Gedanken konnte ja keiner erraten.
Ich wollte nur schnellst möglich die Wochen unbeschadet überstehen. Beobachtet hatte ich allerdings, dass es durchaus eine große Zahl von Jungen gab, die begeistert mitgemacht hatten.
Dann war ich froh endlich wieder nach Haus fahren zu dürfen. So wie mir erging es vielen meiner guten Freunde. Ja, so was haben wir damals erleben müssen.“


Ergänzungen in komprimierter Form zu diesem Thema

Bei der Reichsjugendführung gab es ein „Amt für körperliche Ertüchtigung“, das die Sportlichen- und Wettkampfaktivitäten in der HJ organisierte. Seit 1939 veranstaltete es mehrwöchige Lehrgänge für männliche Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren, die in Wehrertüchtigungslagern eine vormilitärische Ausbildung erhielten. Lehrer und Ausbilder waren HJ-Führer, im Verlauf des Krieges aber zunehmend auch fronterfahrene Soldaten, die neben allgemeinem körperlichem Training auch militärisch-taktische Fertigkeiten wie Tarnen, Orientierung im Gelände, Waffenbehandlung vermittelten. Auch weltanschauliche Schulungen standen auf dem Programm.
Die Teilnahme am Wehrertüchtigungslager war polizeilich erzwingbare Pflicht im Sinne der Jugenddienstverordnung vom März 1939.


An dieser Stelle geben wir einen kurzen Hinweis auf den Wehrunterricht in der DDR.
Wie sich doch rund 40 Jahre später die Situationen gleichen!

Wehrunterricht war als Teil der Wehrerziehung in der DDR zwischen 1978 und 1989 ein obligatorisches Unterrichtfach für alle Schüler der 9. und 10. Klassen der polytechnischen und erweiterten Oberschulen. Der Unterricht bestand aus einem theoretischen Teil in den Schulen, einem Wehr- oder Zivilverteidigungslager und den anschließenden sogenannten „Tagen der Wehrbereitschaft“.
Die Wehrerziehung setzte sich mit der vormilitärischen Ausbildung während der Berufsausbildung und in der Abiturstufe der erweiterten Oberschulen fort.
Für das Wehrlager wurden alle männlichen Schüler der neunten Klassen für zwei Wochen zusammengefasst. Die Ausbildung fand meist in Kinderferienlagern statt. Die Ausbildung übernahmen oftmals NVA-Offiziere der Reserve.
1990 fanden dann keine Wehrlager mehr statt.