Jahreszusammenfassung der Ereignisse im Landesverband – Bistum Hildesheim

In dem Gebiet des Bistums existierten bis zum Verbot durch das NS-Regime, im Vergleich zu anderen Landespfadfinderschaften, nur wenige Stämme der DPSG.

Trotz dieser Unterrepräsentation ist es beachtenswert, dass bereits im August des Jahres der Stamm Göttingen erneut mit dem Aufbau begonnen hatte.
Die vormals ebenfalls bis zum bitteren Ende aktiven Stämme in Duderstadt und Helmstedt steckten noch in den Vorbereitungen.
Damit wurde der Grundstein für den Wiederbeginn der DPSG – zu dieser Zeit nannte man sich GSG/Gemeinschaft St. Georg – im Bistum Hildesheim gelegt.

Neben den allgemeinen Schwierigen und Unzulänglichkeiten, im ersten Jahr nach der Kapitulation, galt es vielschichtige Probleme beim Neubeginn der Jugendarbeit zu bewältigen. Davon zeugen die folgenden Absätze:



Verbot der Pfadfinder

So war die Pfadfinderei durch die Besatzungsmächte verboten worden. Das Bistum Hildesheim gehörte zur britischen Zone und unterlag den Anordnungen der Militärregierung.



Die deutschen Bischöfe beabsichtigten eine grundsätzliche Neuordnung
der katholischen Jugend

Hinzu kamen die Vorschläge und Diskussion über die Neuordnung der katholischen Jugend in Deutschland, welche von den deutschen Bischöfen angestrebt worden war. Besonders zu erwähnen ist dabei ihr Vorschlag, künftig keine Verbände mehr haben zu wollen. Das betraf somit auch den Wiederbeginn der katholischen Pfadfinder.
Intensive Verhandlungen in ganz Deutschland waren in diesem Jahr die Folge. Auch wenn keine Vertreter der DPSG aus dem Bistum Hildesheim hieran direkt beteiligt waren, spürte der Stamm Göttingen auf der Gemeindeebene hautnah deren Auswirkungen. Die vorgeschlagene Idee zur Neuordnung der Jugend hatte auch innerhalb des Bistums Hildesheim so manche Befürworter!



Erste Führertagung im Bistum Hildesheim

Auf der ersten Führertagung der katholischen Jugend im Bistum Hildesheim, durchgeführt in Harsum (29.12.1945-01.01.1946), war der Stamm Göttingen mit mehreren Führern unter Leitung von Bernhard Metze vertreten, siehe dazu auch folgenden Bericht.
Der Diözesanjugendseelsorger Pastor Winter hatte hierzu eingeladen. Zum ersten Mal nach dem Krieg hatten sich dort Gruppenführer aus den Gemeinden unseres Bistums versammelt, ungefähr dreißig an der Zahl, heimgekehrte Soldaten waren dazwischen, aber auch Fünfzehnjährige, die dem Militär gerade noch entgangen waren. Gastgeber waren die barmherzigen Schwestern mit dem Gebäude der ehemaligen Landfrauenschule. In Hildesheim wäre ein solches Treffen unmöglich gewesen, die Stadt lag in Trümmern.

Die Göttinger Vertreter der DPSG stießen dort bei vielen Führern auf starke Ablehnung mit ihrem Ansinnen, die Pfadfinder erneut zu etablieren. Im Übrigen hatten sie in Göttingen bereits vor Monaten schon damit begonnen.
Auch Pastor Winter wollte keine Bünde wiederhaben, er setzte allein auf die Pfarrjugend.
Ein wenig erinnerte diese Haltung der „Kirche“ an die Zeiten der Entstehung von Sturmschar und DPSG. Auch damals (1929-1932) waren starke Kräfte von offizieller kirchlicher Seite gegen einzelne Verbände und Bünde. Hinzu kam, dass die DPSG im Bistum Hildesheim, aufgrund der wenigen Stämme die vor dem Krieg bestanden, nicht so bekannt war wie in anderen Diözesen, in denen bereits zu der damaligen Zeit Landespfadfinderschaften existiert hatten.

Es entstand eine kontroverse und lebhafte Auseinandersetzung. Die anwesenden Vertreter der DPSG kämpften für ihren Bund. Dann gab es die folgende Entscheidung:
Diözesanjugendseelsorger Pastor Winter stellt fest, dort, wo Pfadfindergruppen bestehen und bereit sind, mit den übrigen Gruppen der katholischen Jugend zusammenzuarbeiten, erkennen wir sie an.
Seine Feststellung war zunächst eine Kompromissentscheidung und sicherlich nicht die schlechteste der möglichen Entscheidungen.
In seiner Funktion als Diözesanjugendseelsorger hatte Pastor Winter ausreichende Kenntnisse über die sich im Laufe der Monate veränderten Positionen im Entscheidungsprozess auf Bundesebene. Immer mehr Verantwortliche aufseiten der Bischöfe, allen voran der Vorsitzende der Fuldaer Bischofskonferenz, der Kölner Erzbischof Frings, hatten sich für eine Wiedergründung der DPSG ausgesprochen. Den Inhalt seines Briefes vom 10.12.1945 kannte Pastor Winter mit Sicherheit aufgrund seiner Aufgaben im Bistum. Eine Abschrift des Schreibens befindet sich sogar im DPSG-Diözesanarchiv. Auch wenn die Aussagen des Erzbischofs schon von besonderer Bedeutung waren, so war von der Gesamtheit aller Bischöfe bisher keine abschließende Beschlusslage zur Wiederzulassung von Verbänden ergangen.

Die Wiederzulassung von Verbänden erfolgte erst 1946 und die Neuordnung der katholischen Jugend fand dann schließlich seinen Abschluss mit der Gründung des BDKJ im Jahr 1947.


Fazit des Göttinger Chronisten:
Für die künftige Entwicklung der DPSG im Bistum Hildesheim war dieses Ergebnis der Führertagung dennoch ein erstes hoffnungsvolles Zeichen. Der Mut und die Überzeugung für die Idee, wieder Pfadfinder – auch im Bistum Hildesheim – haben zu wollen, ging im Wesentlichen von den damaligen Führern des Stammes Göttingen aus.
Die nicht geringen Schwierigkeiten konnten mit Ausdauer und Zielstrebigkeit überwunden werden. Sie hatten an die Pfadfinderidee geglaubt und bis heute mit ihrer Weitsicht richtig gelegen.


Der Prozess, eine Anerkennung aller Pfadfinder in Deutschland durch die Besatzungsmächte, befand sich noch ganz am Anfang. Die Zeit war nach Ansicht der Besatzungsmächte für solch einen Schritt noch nicht reif. Gleichwohl waren vereinzelt erste positive Aussagen in diese Richtung zu vernehmen. Dabei ging dabei nicht nur um die DPSG, sondern um die Pfadfinderbewegung in ganz Deutschland. Auch die DPSG hatte sich auf Bundesebene noch nicht zu einer Wiedergründung des Bundes zusammengefunden.