Stammessommerlager am Weserufer

Vom 24.07. bis 29.07. verbrachte der gesamte Stamm (Pfadfinder und Wölflinge) ereignisreiche Tage in seinem diesjährigen Sommerlager. Das sogenannte „Weserlager“, so wird es auch nach vielen Jahren von damals beteiligten Pfadfindern genannt, hatte bleibende Erinnerungen hinterlassen, von denen wir nun berichten.

Wie war es überhaupt möglich, in diesem Sommer ein Lager durchzuführen?

Werfen wir dazu zunächst ein kurzer Blick auf das aktuelle Zeitgeschehen.

  1. Die vor gut einem Monat stattgefundene Währungsreform hatte bei der Bevölkerung, insbesondere in finanzieller Hinsicht, ihre Spuren hinterlassen.
    Trotz der weitreichenden ökonomischen Auswirkungen gelang es den Göttinger Führern, mit Kreativität und Einfallsreichtum, viele Probleme zufriedenstellen für eine Durchführung des Zeltlagers zu lösen. Ein Selbstläufer wurde es beileibe nicht und stand manchmal auf des Messers Schneide.

Karte vom Lagerplatz bei Bursfelde Karte vom Lagerplatz bei Bursfelde

  1. Einen geeigneten Lagerplatz ausfindig zu machen, stellte das geringste Problem dar. Ausgesucht wurde eine Wiese direkt an der Weser gelegen. Ganz in der Nähe des Örtchens Glashütte waren sie fündig geworden. Den Platz stellte die Revierförsterei Glashütte zur Verfügung.

  2. Der nachführend abgebildete Elternbrief für das Sommerlager liest sich bei genauer Betrachtung wie ein kurzer zeitgeschichtlicher Bericht.




Einige zusätzliche Erläuterungen sollen die Hintergründe noch etwas genauer hervorheben.

Für das Lager wurden vom Landesernährungsamt und von der Militärregierung zusätzliche Lebensmittel bereitgestellt. Außerdem wurde Verpflegung von der sogenannten Schulspeisung mittels Lkw der Briten von Göttingen zum Lager geliefert. Die Einwerbung dieser maßgeblichen Unterstützungen für das Lager war nur aufgrund der guten Kontakte unserer Führer mit den offiziellen Stellen möglich geworden.

Weiterhin waren die Pfadfinder in dem Elternbrief gebeten worden, vor Antritt der Fahrt diverse Naturalien abzugeben (Kartoffeln, Mehl, Grieß oder Haferflocken, Zucker, Fettmarken). Zusätzlich sollte jeder für den persönlichen Verbrauch für 6 Tage Brot und Brotaufstrich mitnehmen (alternativ dazu Marken oder Geld).

Was es mit den mehrfach erwähnten „Marken“ auf sich hatte, erläutern wir in dem Kapitel „Lebensmittelkarten, -Marken und Bezugsscheine“.

Der Lagerbeitrag zur Bestreitung der Lebensmittel und sonstiger Kosten betrug 4,– DM, die Reichsmark war ja außer Kraft gesetzt worden.

In der Einladung zum Lager wurde angemerkt, dass es gelungen sei, die Kosten auf so niedriger Höhe zu halten. Sollte der Lagerbeitrag nicht in voller Höhe aufgebraucht werden, wurde eine Rückzahlung in Aussicht gestellt.



Hermann, einer der älteren Pfadfinder erinnerte sich:

„Ich hatte dafür zu sorgen, dass auch etwas Wurst für die Lagerverpflegung besorgt wurde. Da kam mir die Idee, in Göttingen bei einer Schlachterei Pferdewurst einzukaufen. Ich bekam für das wenige Geld, was mir zur Verfügung stand, die doppelte Menge. Natürlich hatte ich das nicht herumerzählt, keiner hatte etwas gemerkt und geschmeckt hatte es allen.“

Alle, insbesondere die Stammesführung, hatten sich mächtig ins Zeug gelegt, damit aus finanziellen Gründen kein Junge zu Hause bleiben musste!


Englischen Militärlastwagen liefert Lebensmittel und Material. Englischen Militärlastwagen liefert Lebensmittel und Material.


Das Sommerlager begann

Am Sonnabend um 14.00 Uhr startete die Fahrt zum Lager. Treffpunkt war St. Michael, denn dort standen schon die englischen Militärlastwagen bereit. Mit Sack und Pack fuhren die Pfadfinder erwartungsfroh und gut gelaunt in einer kleinen Kolonne zum Lagerplatz an der Weser. Am ersten Militär-Lkw wehte im Fahrtwind das stolze Stammesbanner, schon sehr bemerkenswert!







Besonderen Spaß hatten der Kornett Dieter Kreer (Bildmitte mit Baskenmütze) und zwei Sippenmitglieder der Gemsen bei der Fahrt auf der Ladefläche.

Lagerleiter Winfried Henze Lagerleiter Winfried Henze



„Dort angekommen, musste der Bauer erst noch das hohe Gras abmähen“,

erzählte der Stammesführer und Lagerleiter Winfried Henze.

Nun wurde es auch bald Zeit, die Zelte für die erste Nacht aufzubauen.


Kurze Zeit später brauste ein Motorrad heran. Mit großem Hallo wurde Pater Hermes, der Bundes- exerzitienmeister, willkommen geheißen. Er verbrachte als Lagerkurat die gesamte Zeit zusammen mit den Göttingern. Pater Hermes war eine absolute Bereicherung, nicht nur als Seelsorger, sondern zugleich als ein „waschechter“ Pfadfinder.


Bilderschau vom Lagerleben

Am nächsten Tag wurde das Lager nach und nach weiter eingerichtet. So entstanden bald in der Mitte des Platzes ein großes Holzkreuz sowie der Bannermast. Weitere Lagerbauten folgten.

Im Karree angetreten. Blick auf den Platz. So sahen die Zelte damals aus!
Küchendienst beim Kartoffeln schälen. Emsiges Treiben in der Lagerküche. Werner Freiberg als Lagerkoch
Warteschlange vor dem Kochtopf. Dieter Kreer, Lempfried und Pfadfinder. v. l.: Wölflingsführer Jürgen Nolte, Kurat Pater Hermes, Kornett Werner Freiberg
Vorne Mitte Alex Hildebrand, später Stammesführer. Gruppenbild, hinten kniend Bruno Herwig.

Aus überzähligen Planen wurde auf Anregung von Pater Hermes nach einigen Tagen ein „Klamottenzelt“ gebaut! Wie man im Hintergrund sieht, waren auch die Essgeschirre säuberlich aufgereiht.
Die Klamottenkiste.
Gitarrenständer
Die drei wertvollen Gitarren erhielten einen besonderen Aufbewahrungsständer, zu mindestens tagsüber. Es verging kein Abend, an dem nicht ausgiebig Lieder gesungen wurden.

An dieser Stelle stellen wir einen außergewöhnlichen „Dauergast“ des Lagers vor. Lempfried war sein Name. Er war ein typischer „Kölscher Junge“ und bereicherte das Lager auch mit seinem schier unendlichen Frohsinn. Lempfried war Student aus Köln und Kornett der DPSG. Er weilte einige Zeit in Göttingen und suchte den Kontakt zum Stamm. Kurze Zeit später ging er dann wieder in seine Heimat zurück, wo er zum Priester geweiht wurde.
Lempfried, Kornett aus Köln.

Einige ausgewählte Programmpunkte

Der unmittelbar an der Weser gelegene Lagerplatz war für die Jungen eine willkommene Gelegenheit, die mitgebrachten Boote auszuprobieren. Das im vergangenen Jahr gebaute große Boot konnte auf einem Militärlastwagen ohne Probleme mit ins Lager transportiert werden.

Klarmachen zum Ablegen. Klarmachen zum Ablegen.

















Zusätzlich war von einem Pfadfinder ein kleines aus Wellblech zusammen gebautes Boot für 1 Person mit dabei. Dieses ging allerdings bei den Wasserspielen eines Tages verloren. Trotz großer Anstrengungen einiger älterer Jungen gelang es nicht, das Boot zu retten. Die Strömung der Weser war zu stark, das Boot trieb ab und versank kurz darauf. Zum Glück war niemandem etwas passiert.


Im Rahmen des Lagerprogramms wurde die ganz in der Nähe liegende Ruine der Bramburg ausgiebig erkundet. Dabei war es eine besondere Herausforderung, den Burgberg an den steilsten Stellen zu erklettern. Von dort oben hatte man einen schönen Blick auf die Weser bis hin zum Kloster Bursfelde. Ein Blick auf den Lagerplatz war jedoch durch den dichten Baumbestand verwehrt.

Speerwerfen mit olympiareifer Haltung. Speerwerfen mit olympiareifer Haltung.




Der eine oder andere sportliche Wettkampf wurde auch an Land ausgetragen.
















Die Wölflinge stromerten gerne in der Umgebung umher. So kam es vor, dass sie den ganzen Tag im Bramwald auf Achse waren und unterwegs ihre Brotzeit am Lagerfeuer einnahmen.











Über einen besonderen, historischen Gottesdienst im nahen Kloster Bursfelde erzählt der anschließende Bericht.


Schade, der letzte Lagertag war angebrochen. Zuerst wurden die persönlichen Sachen gepackt. Dann ging es daran, die Zelte abzubauen und zusammenzulegen, alle Lagerbauten wurden entfernt, bis die Wiese, so weit wie möglich, wieder im ursprünglichen Zustand war.



Die Lkw standen schon für die Rückreise bereit und konnten beladen werden.



Führer, rechts Jochen Fehler. Führer, rechts Jochen Fehler.







Zum letzten Mal versammelten sich die Jungen mit ihren Führern zu einer Abschlussrunde. Jochen Fehler, ehemaliger Hildesheimer Landesfeldmeister war kurzzeitig im Lager zu Besuch und sprach einige Schlussworte. „Nehmt Abschied Brüder“ klang es aus allen Kehlen und mit einem „Gut Pfad“ war das ereignisreiche Sommerlager beendet.