Vom 24.07. bis 29.07. verbrachte der gesamte Stamm (Pfadfinder und Wölflinge) ereignisreiche Tage in seinem diesjährigen Sommerlager.
Das sogenannte „Weserlager“, so wird es auch nach vielen Jahren von damals beteiligten Pfadfindern genannt, hatte bleibende Erinnerungen hinterlassen,
von denen wir nun berichten.
Wie war es überhaupt möglich, in diesem Sommer ein Lager durchzuführen?
Werfen wir dazu zunächst ein kurzer Blick auf das aktuelle Zeitgeschehen.
Einige zusätzliche Erläuterungen sollen die Hintergründe noch etwas genauer hervorheben.
Für das Lager wurden vom Landesernährungsamt und von der Militärregierung zusätzliche Lebensmittel bereitgestellt.
Außerdem wurde Verpflegung von der sogenannten
Schulspeisung
mittels Lkw der Briten von Göttingen zum Lager geliefert.
Die Einwerbung dieser maßgeblichen Unterstützungen für das Lager war nur aufgrund der guten Kontakte unserer Führer mit den offiziellen Stellen möglich geworden.
Weiterhin waren die Pfadfinder in dem Elternbrief gebeten worden, vor Antritt der Fahrt diverse Naturalien abzugeben
(Kartoffeln, Mehl, Grieß oder Haferflocken, Zucker, Fettmarken).
Zusätzlich sollte jeder für den persönlichen Verbrauch für 6 Tage Brot und Brotaufstrich mitnehmen (alternativ dazu Marken oder Geld).
Was es mit den mehrfach erwähnten „Marken“ auf sich hatte, erläutern wir in dem Kapitel
„Lebensmittelkarten, -Marken und Bezugsscheine“.
Der Lagerbeitrag zur Bestreitung der Lebensmittel und sonstiger Kosten betrug 4,– DM, die Reichsmark war ja außer Kraft gesetzt worden.
In der Einladung zum Lager wurde angemerkt, dass es gelungen sei, die Kosten auf so niedriger Höhe zu halten.
Sollte der Lagerbeitrag nicht in voller Höhe aufgebraucht werden, wurde eine Rückzahlung in Aussicht gestellt.
Hermann, einer der älteren Pfadfinder erinnerte sich:
„Ich hatte dafür zu sorgen, dass auch etwas Wurst für die Lagerverpflegung besorgt wurde. Da kam mir die Idee, in Göttingen bei einer Schlachterei Pferdewurst einzukaufen. Ich bekam für das wenige Geld, was mir zur Verfügung stand, die doppelte Menge. Natürlich hatte ich das nicht herumerzählt, keiner hatte etwas gemerkt und geschmeckt hatte es allen.“
Alle, insbesondere die Stammesführung, hatten sich mächtig ins Zeug gelegt, damit aus finanziellen Gründen kein Junge zu Hause bleiben musste!
Am Sonnabend um 14.00 Uhr startete die Fahrt zum Lager. Treffpunkt war St. Michael, denn dort standen schon die englischen Militärlastwagen bereit. Mit Sack und Pack fuhren die Pfadfinder erwartungsfroh und gut gelaunt in einer kleinen Kolonne zum Lagerplatz an der Weser. Am ersten Militär-Lkw wehte im Fahrtwind das stolze Stammesbanner, schon sehr bemerkenswert!
„Dort angekommen, musste der Bauer erst noch das hohe Gras abmähen“,
erzählte der Stammesführer und Lagerleiter Winfried Henze.
Nun wurde es auch bald Zeit, die Zelte für die erste Nacht aufzubauen.
Kurze Zeit später brauste ein Motorrad heran. Mit großem Hallo wurde
Pater Hermes, der Bundes-
exerzitienmeister, willkommen geheißen. Er verbrachte als Lagerkurat die gesamte Zeit zusammen mit den Göttingern.
Pater Hermes war eine absolute Bereicherung, nicht nur als Seelsorger, sondern zugleich als ein „waschechter“ Pfadfinder.
Am nächsten Tag wurde das Lager nach und nach weiter eingerichtet. So entstanden bald in der Mitte des Platzes ein großes Holzkreuz sowie der Bannermast. Weitere Lagerbauten folgten.
Der unmittelbar an der Weser gelegene Lagerplatz war für die Jungen eine willkommene Gelegenheit, die mitgebrachten Boote auszuprobieren. Das im vergangenen Jahr gebaute große Boot konnte auf einem Militärlastwagen ohne Probleme mit ins Lager transportiert werden.
Zusätzlich war von einem Pfadfinder ein kleines aus Wellblech zusammen gebautes Boot für 1 Person mit dabei.
Dieses ging allerdings bei den Wasserspielen eines Tages verloren. Trotz großer Anstrengungen einiger älterer Jungen gelang es nicht, das Boot zu retten.
Die Strömung der Weser war zu stark, das Boot trieb ab und versank kurz darauf. Zum Glück war niemandem etwas passiert.
Im Rahmen des Lagerprogramms wurde die ganz in der Nähe liegende
Ruine der Bramburg
ausgiebig erkundet.
Dabei war es eine besondere Herausforderung, den Burgberg an den steilsten Stellen zu erklettern.
Von dort oben hatte man einen schönen Blick auf die Weser bis hin zum Kloster Bursfelde.
Ein Blick auf den Lagerplatz war jedoch durch den dichten Baumbestand verwehrt.
Der eine oder andere sportliche Wettkampf wurde auch an Land ausgetragen.
Die Wölflinge stromerten gerne in der Umgebung umher. So kam es vor, dass sie den ganzen Tag im Bramwald auf Achse waren und unterwegs ihre Brotzeit am Lagerfeuer einnahmen.
Über einen besonderen, historischen Gottesdienst im nahen Kloster Bursfelde erzählt der anschließende
Bericht.
Schade, der letzte Lagertag war angebrochen. Zuerst wurden die persönlichen Sachen gepackt.
Dann ging es daran, die Zelte abzubauen und zusammenzulegen, alle Lagerbauten wurden entfernt, bis die Wiese, so weit wie möglich, wieder im ursprünglichen Zustand war.
Die Lkw standen schon für die Rückreise bereit und konnten beladen werden.
Zum letzten Mal versammelten sich die Jungen mit ihren Führern zu einer Abschlussrunde. Jochen Fehler, ehemaliger Hildesheimer Landesfeldmeister war kurzzeitig im Lager zu Besuch und sprach einige Schlussworte. „Nehmt Abschied Brüder“ klang es aus allen Kehlen und mit einem „Gut Pfad“ war das ereignisreiche Sommerlager beendet.