Vorbemerkungen
Die Währungsreform wurde für die deutsche Bevölkerung zu einem besonderen Wendepunkt in der Nachkriegsgeschichte.
Aus diesem Anlass geben wir einen Einblick über den Ablauf und erläutern deren Umsetzung am Beispiel der Stadt Göttingen.
Unser Augenmerk richten wir dabei in erster Linie auf die Ausgabe der neuen Geldscheine.
Viele nicht weniger wichtige Veränderungen und Einschnitte im Zusammenhang mit der Währungsreform klammern wir jedoch aus Gründen der Übersichtlichkeit aus.
Zunächst behielt die bisherige Währung, die Reichsmark, ihre Gültigkeit. Das allgemein bekannte Papiergeld und bis auf wenige Ausnahmen bei den Münzen zirkulierte weiterhin.
Zusätzlich zu den alten Reichsmarkscheinen hatte die Alliierte Militärbehörde nach dem Ende des Krieges weitere Geldscheine in Umlauf gesetzt,
um keine Engpässe entstehen zu lassen:
1/2 Mark Fünfzig Pfennig ![]() |
1 Mark![]() |
5 Mark![]() |
10 Mark![]() |
20 Mark![]() |
50 Mark![]() |
100 Mark![]() |
1000 Mark![]() |
Aufgrund der vielen Zahlungsmittel (Reichsmark und Alliierte Mark) ergab sich eine nach und nach schwindende Akzeptanz in der Bevölkerung.
In den drei westlichen Besatzungszonen war es Experten aber auch der Bevölkerung klar, dass einschneidende Maßnahmen zur Erneuerung und Stabilisierung
der Wirtschaftsverhältnisse unausweichlich sein würden. Der genaue Zeitpunkt für die Umsetzung einer befürchteten Währungsreform blieb aber lange Zeit ein gut
gehütetes Geheimnis der zuständigen Behörden.
Ab Anfang 1948 wurden zunehmend die Reichsmark bzw. die anderen im Umlauf befindlichen Zahlungsmittel von der Bevölkerung als Zahlungsmittel abgelehnt.
An die Stelle der offiziellen Währungseinheit traten bestimmte Güter wie Zigaretten, Branntwein, Butter oder Ähnliches. Die Geldfunktion verlagerte sich also von dem gesetzlichen Zahlungsmittel auf ein selbstgeschaffenes Wirtschaftsgut. Kurz vor der Währungsreform erreichten die Preise auf dem Schwarzmarkt erneut Höchststände.
Bei der Bevölkerung war die kurz bevorstehende Abschaffung der alten Reichsmark zugunsten des neuen Geldes durchgesickert.
So setzte ein Run auf alles, was noch für das alte Geld zu kaufen war, ein. Regelrechte Hamsterkäufe waren zu beobachten.
Dazu passt auch eine Pressemitteilung der Stadt Göttingen über die Regelungen zum Kauf von Brot:
Brot erst ab Montag
Amtliche Bekanntmachung, Sonnabend, den 19. Juni 1948:
Die Währungsreform für die westlichen Besatzungszonen wurde am Freitagnachmittag von den drei Militärregierungen verkündet.
Der in den letzten Wochen so viel besprochene X-Tag, ist auf Sonntag, den 20. Juni festgesetzt worden.
Alles Altgeld, mit Ausnahme von Kleingeld tritt am darauffolgenden Montag außer Kraft.
Münzen und Noten bis zu 1 Mark gelten weiter, jedoch nur noch mit dem zehnten Teil des Nennwertes.
Die neue vom 21. Juni ab allein gültige Währung heißt „Deutsche Mark“.
Jeder Einwohner des Währungsgebietes
– Haushaltsvorstände und Alleinstehende –
erhält im Umtausch gegen Altgeldnoten desselben Nennbetrages
bis zu 60 Deutsche Mark in bar (Kopfgeldbetrag).
Ein Teil des Kopfgeldbetrages in Höhe von nicht
mehr als 40 Deutsche Mark wird sofort ausgezahlt,
der Rest – 20 Deutsche Mark – innerhalb von 2 Monaten.
Nachdem am 19. Juni 1948 die Währungsreform verkündet worden war, begann am folgenden Tag auch in Göttingen die Verteilung der ersten neuen Geldnoten. Zusätzlich wurde die Göttinger Bevölkerung über Lautsprecherwagen über die Umtauschaktion unterrichtet.
Vor der Umtauschstelle Böttinger Straße,
Oberschule für Jungen, heute Felix-Klein-Gymnasium.
Quelle: Städtisches Museum Göttingen
Die Umtauschstellen für das Kopfgeld
In der Stadt Göttingen sind für die Einlösung des Kopfbetrages die nachstehenden Umtauschstellen
– nur am Sonntag, dem 20 Juni 1948 – eingerichtet:
1. Oberschule für Jungen, Böttinger Straße,
für die Straßen mit den Anfangsbuchstaben A-K
2. Mittelschule für Jungen Bürgerstraße L-S
3. Lutherschule Jüdenstraße T-Z
4. Ernährungsamt Amtshaus
Die Umtauschstellen sind von 8-12 Uhr für die Straßen mit geraden und von 14-18 Uhr mit ungeraden Hausnummern geöffnet.
Die Ausweiskarte zur Empfangnahme der
Lebensmittelkarten,
die arbeitsamtlichen Arbeitsbescheinigungen sowie der Personalausweis des Abholenden sind vorzulegen.
Der Oberstadtdirektor
Ab 21. Juni 1948 gelten folgende Zahlungsmittel:
1. Die auf Deutsche Mark oder Pfennig lautenden Noten und Münzen,
die von der Bank Deutscher Länder ausgegeben werden.
Vier Beispiele zu den neuen Banknoten:
1 DM![]() |
5 DM![]() |
10 DM![]() |
50 DM![]() |
2. Folgende Noten und Münzen gelten zu einem Zehntel ihres bisherigen Nennwertes:
a) In Deutschland in Umlauf gesetzte Marknoten der alliierten Militärbehörden zu 1 und 1/2 Mark,
Rentenbankscheine zu 1 Rentenmark
b) Münzen für 50, 10, 5 und 1 Reichs- oder Rentenpfennig
Beispiel:
Eine Münze zu 10 Reichspfennige besaß nach der neuen Währung den Wert von 1 Pfennig, 1 Reichspfennig war daher 1/10 Pfennig wert.
Neue Münzen waren zu diesem Termin noch nicht geprägt worden. Daher stellte sich für eine Übergangszeit der Umgang mit dem „Kleingeld“
doch als sehr unübersichtlich dar!
Erst 1950 wurde durch Ausgabe der neuen Münzen dieser Zustand befriedigend gelöst.
Nach der Ausgabe der neuen DM Scheine änderte sich das Bild schlagartig.
Die Zigarettenwährung verschwand und die neuen Geldscheine fanden uneingeschränkt als Zahlungsmittel Anerkennung. Es begann ein neues Leben.
Die Geschäfte hatten ihre Waren zurückgehalten, bis das neue Geld da war. Über Nacht war alles erhältlich, was man zum Leben brauchte.
Fassungslos standen die Menschen vor prall gefüllten Schaufenstern und Ladenregalen. Sie konnten für ihre Deutsche Mark wieder etwas kaufen und die größte Not war vorüber.
„Jeder wird aber haushalten müssen …“, so hieß es damals.
Die meisten Menschen gaben ihre 40,- Deutsche Mark für das Allernötigste, vorrangig für Essen aus, mehr hatten sie ja in ihren Geldbörsen nicht zur Verfügung.
Die Göttinger Chronik berichtete:
Auch in der einheimischen Bevölkerung sind viele durch die Währungsreform in ernste wirtschaftliche Bedrängnis gekommen. Das überraschend aufgetauchte Warenangebot, was jahrelang nicht mehr zu kaufen gewesen war, war bei den neuen Geldverhältnissen für den größten Teil der Bevölkerung jedoch unerschwinglich. Es war daher in weiten Kreisen der Bürgerschaft eine erhebliche Verbitterung zu spüren.