Steckbrief eines Jugendheimes
Sehr gerne verbrachten Gruppen des Stammes hier ihre ereignisreichen Wochenendfahrten.
„Wir fahren nach Hebenshausen“, so wurde es verkürzt genannt, war immer wieder ein motivierender Ansporn. Leider stand das Gelände, zusammen mit dem
Jugendheim, nur in dem Zeitraum von 1963 bis 1966 zur Verfügung.
Anfahrt:
Aufgrund der nahen Entfernung fuhren die Gruppen größtenteils mit dem Fahrrad dorthin. Es musste außer der persönlichen Ausrüstung ja kein Lagermaterial transportiert werden.
Zügig ging die Fahrt Richtung Friedland. Von dort weiter auf der Bundesstraße, an Marzhausen vorbei und schon war das Dorf Hebenshausen erreicht.
Eine reizvolle alternative Route führte von Friedland ausgehend auf einem Pfad entlang der Bahnstrecke bis knapp vor Niedergandern. Der Weg zog sich durch die Feldmark,
auf Verkehr musste nicht geachtet werden, und ersparte außerdem den Berg vor Hebenshausen. Ab Niedergandern ging es dann weiter auf der Landstraße nach Hebenshausen.
Wie auf dem Kartenausschnitt gekennzeichnet, lag das Ziel etwas außerhalb des Dorfes. Ein letzter kurzer steiler Anstieg war nun noch zu bewältigen.
Beim örtlichen Pfarrer wurde der Schlüssel in Empfang genommen. In der kalten Jahreszeit bekamen wir auch noch eine Kanne mit Heizöl für den entsprechenden Ofen.
Zur Geschichte:
In Hebenshausen war eine „Siedlung“ der DPSG sehr daran interessiert, ein Jugendheim zu errichten. Der damalige Pfarrer unterstütze dieses Ansinnen und
so wurde ein entsprechendes Grundstück erworben. In Eigenarbeit war dann 1962 für die Jugend der Gemeinde das Jugendheim fertiggestellt worden.
Wesentliche Impulse gingen damals von Josef Neumann (Jupp) aus. Er war einige Jahre Mitglied des Stammes Göttingen in der Sippe Bär (ab 1953).
Zu der DPSG in Hebenshausen ist noch folgendes zu berichten:
Es gab einige wenige Jungen, die sich zur DPSG bekannten. Ein Stamm war aufgrund der geringen Anzahl von Jugendlichen nicht gegründet worden. Hebenshausen liegt im Bundesland
Hessen und gehört somit zur Landespfadfinderschaft Fulda. Leider gab es in der Nähe auch keinen anderen Stamm, zu dem sie Kontakte pflegen konnten.
Aber über die ehemalige Beziehung von Jupp zum Stamm Göttingen hatten die Göttinger Pfadfinder das dortige Gelände mit dem Jugendheim kennengelernt.
Die Göttinger Pfadfinder nutzten das schöne Haus sehr häufig für Wochenendfahrten, die oftmals sehr spontan durchgeführt wurden.
Es war als Jugendheim für die Gemeinde konzipiert worden.
Daher gab es mehrere Räume und eine kleine Küche. Geschlafen wurde auf Luftmatratzen. Vorher wurde das Mobiliar etwas beiseite geräumt und der so gewonnene Platz war dann für einen Trupp ausreichend.
Das Außengelände eignete sich für ein Zeltlager eher nicht so gut. Aber ein Lager sollte hier auch nicht durchführt werden.
Allerdings waren eine Feuerstelle sowie ein Bannermast vorhanden.
Die Gruppen schätzten es sehr, ungestört, kostenfrei, mit entsprechendem Komfort wie in einem Selbstversorgerhaus, hier schalten und walten zu können.
Am Sonntag wurde natürlich den Gottesdienst in der kleinen Kirche St. Josef besucht.
Eine besondere Begebenheit – Kontakte mit amerikanischen Soldaten –
Nicht weit entfernt vom Jugendheim lag der alte Steinbruch. Dort trafen wir öfter amerikanische Soldaten, die sich hier gut getarnt einen Beobachtungsposten eingerichtet hatten.
Sie waren mit einem Jeep, einem Maschinengewehr und starken Ferngläsern ausgerüstet. Von hier oben hatten sie einen sehr guten Blick zu der nahen Zonengrenze.
Immer wenn wir in Kluft auftauchten, wurden wir freundlich begrüßt. Ein wenig Schulenglisch konnten wir ja auch. Die Soldaten waren bestimmt froh über die willkommene
Abwechslung bei ihrer eintönigen Aufgabe. Ganz besonders freuten wir uns über Kekse, Kaugummi und sogar einige Zigaretten aus ihren Verpflegungsrationen.
Quelle: Zeitzeuge Manfred Reddig
Das Gelände sollte verkauft werden – unsere Rettungsversuche blieben erfolglos.
Als dann ein neuer Pfarrer nach Hebenshausen versetzt wurde, war ihm sehr bald das Gelände – so weit entfernt von der Kirche – ein Dorn im Auge.
Er wollte lieber ein neues Pfarrheim nahe der Kirche bauen. Als finanzieller Grundstock hierfür sollte der Erlös aus dem Verkauf dienen.
Davon hatten die Göttinger Führer Kenntnis erlangt. Wolfgang Saul bemühte sich sehr, eine Lösung zum Erhalt für die Jugend und die Pfadfinder zu finden.
Leider waren die Dimensionen finanzieller Art für den Stamm Göttingen zu groß.
Mit seinem Schreiben an den Landesfeldmeister des Landes Hildesheim der DPSG erhoffte er sich eine mögliche Unterstützung. Der Landesfeldmeister wiederum schrieb den Sachverhalt an die Bundesleitung.
Für die beiden Landespfadfinderschaften Fulda und Hildesheim lag das Gelände eher ungünstig an den jeweiligen Bistumsgrenzen. So kam keine Lösung zustande und der Pfarrer verkaufte das Gelände
an einen Privatmann. Heute ist dort eine weiträumige Ferienhaussiedlung entstanden.
Die beiden Texte veranschaulichen die Rettungsversuche:
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Manfred Reddig besuchte im Jahr 2009 den ehemaligen Göttinger Pfadfinder Josef Neumann, einen der damaligen Miterbauer. Dabei kam auch das Thema des Jugendheims zur Sprache. Er erzählte sinngemäß:
„Der neue Pfarrer hatte mit der Jugend nicht so viel am Hut. Ihm waren die Feiern der Jugendlichen außerhalb seines Einflussbereiches nicht genehm. Wir Aktive waren damals alle sehr ärgerlich, hatten wir doch viel Zeit in den Aufbau investiert und uns auf dem Gelände immer sehr wohl gefühlt. Letztlich hatte sich der Pfarrer über uns hinweg gesetzt und alles veräußert“.
Ein Pressebericht ergänzt und beschreibt informativ die Geschichte des Geländes.
Quelle Pressebericht: Sammlung Franz Bank
Die Göttinger Pfadfinder hatten „Hebenshausen“ sehr geschätzt und waren von der Entwicklung ebenfalls nicht begeistert. Aber viele schöne Erinnerungen sind geblieben!
Fahrtenberichte von Lagern, die hier stattfanden: